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Bund saniert sich auf Kosten der Gemeinden

Die EVP bedauert das Ja zur revidierten Arbeitslosenversicherung und sieht ihren Charakter als Versicherung gegen hoffentlich bloss vorübergehende Arbeitslosigkeit gefährdet. Positiv ist einzig, dass die Lohnnebenkosten nun bloss begrenzt stärker belastet werden. Ohne neue Einnahmequellen wie eine Erbschaftssteuer oder eine Abgabe auf dem Energieverbrauch lasse sich die soziale Sicherheit in der Schweiz aber nicht finanzieren, ist EVP-Präsident Heiner Studer überzeugt.

Die EVP Schweiz nimmt das Ja der Stimmberechtigten zur Revision der Arbeitslosenversicherung bedauernd zur Kenntnis. Sie hat die Revision abgelehnt, weil diese einen erheblichen Teil der Kosten bloss zu den Städten und Gemeinden verschiebt. Zweitens befürchtet die EVP, dass nun Ausbildungs- und Studienabgänger sowie Personen, die wegen Mutterschaft, Krankheit, Unfall, Trennung und Scheidung von der Beitragszeit befreit waren, faktisch aus der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen werden. Schliesslich wird der Versicherungscharakter der ALV geschwächt. „Auf dem Arbeitsmarkt wird aber je länger, je mehr Flexibilität gefordert und das Risiko, arbeitslos zu werden, nimmt zu“, sorgt sich Nationalrätin Maja Ingold (EVP, ZH). Es wird sich nun zeigen müssen, inwiefern die revidierte Arbeitslosenversicherung ihre Aufgabe noch erfüllen kann: Menschen, die ihr Einkommen verlieren, ein Auskommen sichern, sodass möglichst wenige von ihnen von der Sozialhilfe abhängig werden – mit allen negativen Begleiterscheinungen.

 

EVP-Präsident Heiner Studer vermutet in einer ersten Analyse folgendes Muster hinter dem Ja zur Revision: „Bei der AHV haben Kürzungsvorlagen im Volk oft keine Chance, weil alle wissen, dass sie davon betroffen sein werden. Bei der IV kommen Sparvorlagen eher durch, weil der Mensch davon ausgeht, dass Invalidität etwas ist, dass allenfalls die anderen, nicht aber die eigene Person betreffen wird. Ähnlich ist es auch bei der Arbeitslosenversicherung: Man verdrängt, dass man selber einmal froh sein könnte um ihre Leistungen.“ Solidarität heisse aber: auch einmal einem Sicherungsnetz zustimmen, selbst wenn man wüsste, dass man es nie in Anspruch wird nehmen müssen und Nettozahler bleiben wird. Selbstverständlich sei die Eigenverantwortung wichtig und müssten die nötigen Anreize vorhanden sein, damit Betroffene ihren Beitrag leisten, um der Misere zu entkommen. „Doch die aktuelle Tendenz, unter dem finanziellen Druck bei jedem Sozialwerk alles rigoros und kompromisslos regeln zu wollen, stimmt mich nachdenklich.“

 

Positiv vermerken kann die EVP, dass die Lohnabzüge durch die Revision nur begrenzt belastet werden. „Dass man die Löhne von den Nebenkosten entlasten will, dafür gibt es gute Gründe“, sagt Heiner Studer. Dann komme man aber um zusätzliche Einnahmequellen, wie beispielsweise eine eidgenössische Erbschaftssteuer oder eine Abgabe auf nicht erneuerbaren Energien nicht herum, führt der EVP-Präsident weiter aus: „Das Konzept der ökologischen Steuerreform sieht vor, dass die Lohnnebenkosten zumindest teilweise durch eine Steuer auf dem Energieverbrauch ersetzt werden.“ Anders lasse sich die soziale Sicherheit in der Schweiz nicht finanzieren.

 

Bern, den 26. September 2010/nh